Sie sitzt einsam in ihrem Zimmer.Die Vorhänge sind zugezogen,die heizung herabgedreht und von draußen dringt leise aber stetig das Geräusch von prasselndem regen herein.Der Regen erinnerte sie immer wieder an die Nacht in der sie ihre Mutter verlor.Es geschah vor drei Jahren,sie waren grade auf dem heimweg,das radio lief.Im Kino waren sie gewesen,sie hatten noch gelacht,im Radio lief eines ihrer Lieblingslieder.Auch vom Regen ließen sie sich nicht die Laune verderben.

Als sie die Autobahnauffahrt hinauffuhren,raste plötzlich ein LKW von der Seite in den kleinen Golf.Ein Knall,Lärm,Lichtblitze...dann war alles schwarz.Im Krankenhaus wurde sie dann wach.Dort teilte man ihr mit,dass sie anscheinend unverwundet und mit nichts als einem kleinen Schock  davon gekommen sei.Auf die frage ob sie ihre Mutter sehen könne senkte die Schwester ihren Blick und sagte ihr,dass ihre Mutter nicht überlebt habe.Später erfuhr sie,dass ein Eisenteil des LKWs ihr den Kopf zerschlagen habe,so dass sie sofort tot war.

Seit diesem Unfall trank ihr vater viel.Und wenn er trank schlug er zu.Deswegen nahm man ihm bald seinen kleinen Sohn fort und übrig blieb nur sie.

Vor einem Jahr lernte sie Markus kennen.Er war so liebevoll und zärtlich zu ihr,endlich fühlte sie sich wieder geliebt.Doch als er mehr wollte bekam sie Angst,zog sich zurück.Aber was er wollte bekam er,auch wenn er es sich mit Gewalt holen musste"Ich liebe dich,siehst du das nicht?" fragte er...und sie weinte still.

Sie weinte auch als er sie verließ.Fünf Monate ist das nun her und wieder fühlt sie sich allein.

Von unten dröhnt der fernseher herrauf.Wenn ihr Vater trank nahm er keine Rücksicht auf sie ,aber wer tat das schon?Wer bemerkte schon,dass sie so lange nicht mehr in der Schule war?Wer sah je die Tränen auf ihrem Gesicht?

Wieder denkt sie an ihre Mutter und wie sehr sie ihr fehlt."Mein kleiner Engel" hatte sie immer gesagt."Mein kleiner Engel"

Sie steht auf,zieht das lange schwarze Kleid an, das ihre Mutter so gerne getragen hatte,kämmte ihr Haar und ging die treppe herunter.

Im Wohnzimmer sitzt ihr Vater,ein starker geruch von Schweiss,Qualm und Alkohol zieht zu ihr herrüber.Dass sie die Tür öffnet und geht bemerkt er nicht.

Sie weiß genau wohin sie ihre Füße tragen sollen und nach einer Stunde hat sie Brücke über der Autobahn erreicht.

Ihre Hände fassen das eiskalte Geländer und sie zieht sich hinauf.Mit nackten Füßen steht sie auf der Brüstung und erinnert sich."Mein kleiner Engel" hatte sie immer gesagt.

Sie sieht hinunter."Auch Engel ohne Flügel können fliegen!" sagte sie...

...und sprang.